Den zweiten Auftakt macht Vera K., die in ihrem Gastbeitrag einen interessanten Erlebnisbericht zum Schneeschuhwandern in der Schweiz Wallis zum besten gibt. Sehr lesenswert. Vielen Dank dafür liebe Vera. Sehr gelungener Beitrag. Viele Grüße. Der Wanderfreund.
Schneeschuhwandern? Nein danke! Oder doch???
Diese komischen Schlappdinger mit den langen Riemen soll ich gegen meine tollen Carvingski tauschen? Skepsis war angebracht. Aber der Schnee war sulzig, schon um 9:00 Uhr morgens 9 °C in 2200 Metern Höhe, es gab nicht viel zu verlieren. also los!
1. Tour von Crans Montana auf den Cry d’Er
Von unserem Sportclub in Crans Montana (Wallis/Schweiz) in etwa 1500 Metern Höhe wollten wir zur Gondel-Bergstation in 2267 Metern Höhe. Wir schätzten den Weg auf gute sieben Kilometer.
Tage zuvor hatte unser Guide uns mit den Schneeschuhen vertraut gemacht und eine rote Skipiste hoch geleitet. Das wollten wir jetzt nicht. Also schnallten wir unsere Schuhe auf einer Bank oberhalb der Gondel-Talstation von Crans an und gingen zu den Wegweisern. Oh, da gab es ein paar mehr: gelbe, pinkfarbene, zugehängte…Wir entschieden uns für die Schilder mit dem „Tennisschläger“, nachdem wir uns darauf geeinigt hatten, dass das auch ein Schneeschuh sein könnte.
Die Zeichen führten mitten durch den Wald abseits jeglicher Wege und Zivilisation hoch und runter. Der verharschte Schnee und die griffigen Schneeschuhe gaben uns genug Halt, es sei denn, wir kamen zu stark an den Rand, dann sackten wir bis zu den Hüften ein. Nach etlichem Keuchen und Schnaufen stellten wir allerdings fest, dass wir uns immer weiter von der Gondel entfernten und auch nicht richtig an Höhe gewannen. Ein endlich gefundenes Spaziergängerpaar, das neben Französisch auch Deutsch sprach, wies uns den Weg zurück. Ach du Sch…
Tolles Panorama mit Blick auf den Matterhorn |
Jetzt ging es allerdings zügig weiter. Der Weg schlängelte sich meist auf Ziehwegen in langen Kurven den Berg hinauf, größtenteils so geschickt angelegt, dass man mit den Skifahrern nicht ins Gehege kam. Schon bald liefen wir ohne Jacke, Mütze und Schal, und die Getränkevorräte begannen sich zu verkleinern. Die teilweise steilen Anstiege konnten wir entschärfen, da die Schneeschuhe einen Bügel besitzen. Wenn man den umlegt, wird beim Auftreten das Fersenniveau angehoben und das Gefälle etwas ausgeglichen. Allerdings ließ unsere Kondition merklich nach. Fit in Tischtennis, Squash und Radfahren zu sein, heißt noch lange nicht, gut hoch wandern zu können. Doch die atemberaubenden Aussichten auf das Bergpanorama des Wallis, die sich zunehmend zeigten, entschädigten für alles.
Gegen Mittag erreichten wir die Gondel-Mittelstation mit dem Restaurant „Merbé“. Jetzt in den Liegestuhl und heute nicht mehr aufstehen…. Aber nein, wir hatten ja ein anderes Ziel. Also setzten wir uns auf die Stufen des Gondeleingangs und verzehrten unser Lunchpaket, das wir uns im Sportclub jeden Morgen so vorzüglich zurechtmachen konnten. Wasser und Tee reichten noch aus, und weiter ging es.
Von der Mittelstation war es noch etwa ein Drittel des Weges, und es war nicht mehr so steil. Aber wir waren auch erschöpft. Langsamer zu gehen, war jetzt ohnehin angebracht. Man musste einfach immer wieder anhalten, die Landschaft bewundern, fotografieren und schwärmen. Das Matterhorn kam in Sicht – oberhalb von Crans aus gesehen allerdings unspektakulär, es sieht eher aus wie eine Tobleronescheibe, der die Spitze fehlt. Was wir für das Matterhorn gehalten hatten, so hatten wir Tage zuvor gelernt, ist das Weißhorn.
Schon kurz nach der Mittelstation entdeckten wir die Talstation des Sessellifts „Pas de Loup“, nur ein Hang unter der Bergstation der Gondel, wusste der erfahrene Skifahrer. Also weiter. Aber der Weg führte keineswegs sofort nach oben, sondern über lange Schleifen kreuz und quer über den Hang. Es dauerte noch fast eine Stunde, bis wir den Übungshang mit den Skianfängern ereichten, und dann schlichen wir über die blaue Piste an den rasant herbeiflitzenden Anfängern vorbei, Schnecken gleich, nur noch ein Ziel vor Augen: endlich anzukommen.
Die letzten Meter waren wirklich die Schlimmsten. Aber nach einer heißen Schokolade und einer halben Stunde Bergpanorama ansehen, war die Strapaze vergessen. Als wir in die Gondel stiegen, um ins Tal zurückzukehren, planten wir bereits die nächste Schneeschuhwanderung.
2. Schneeschuhwanderung auf den Petit Bonvin
Zwei Tage später hatten wir die überdimensionalen Schlappschuhe wieder über der Schulter. Mit dem Gratisbus fuhren wir zum anderen Ende des Hochplateaus nach Aminona. Dort gibt es ebenfalls eine Gondel, aber ohne Mittelstation. Der Weg führt sechs Kilometer und 900 Höhenmeter auf einer Rodelbahn zur Bergstation der Gondel auf den Petit Bonvin. Diesmal ging es ohne Verlaufen, aber wieder mit viel Schwitzen und dem herrlichen Bergpanorama hoch.
Zwischendurch stellte sich – mangels Mittelstation – die Frage, ob wir wirklich ganz hoch oder lieber zwischendurch umkehren wollten. Die beiden Männer wollten „selbstverständlich“ ganz hoch. Eine Schwierigkeit war, dass es auf dieser Strecke keinerlei Restaurationen oder Hütten, ja, nicht einmal eine Sitzgelegenheit gab. Wie froh waren wir, als wir dann doch noch einen – geschlossenen – improvisierten Imbissstand fanden. Hier konnten wir wenigstens die zusammen-gelegten Bänke aufstellen und mussten für unser Picknick nicht im Schnee sitzen.
Wie bei der ersten Wanderung waren auch hier die letzten paar 100 Meter die schwersten. Aber auch hier wartete oben das Restaurant und die Gondel und – wie schon auf dem Weg – das wunderschöne Bergpanorama der höchsten Alpengipfel Matterhorn, Weißhorn, Mont Blanc-Massiv und die vielen anderen schneebedeckten Berge. Da muss man erst Schneeschuhwandern, um so was zu genießen, denn als Skifahren hat man ja nur ein Interesse: runter und gleich wieder rauf – welche Ignoranz!
Hallo Vera, danke für den tollen Bericht !
AntwortenLöschenKarin und Werner